Das deutsche Gesundheitssystem steht vor einer Vielzahl an Herausforderungen: Krankenhäuser und Pflegeheime ächzen unter Personalmangel, Patient:innen warten oft lange auf Facharzttermine, auf dem Land mangelt es an Ärzt:innen und bei Medikamenten kommt es immer häufiger zu Lieferengpässen. In Großstädten sind die regionalen, medizinischen und ambulanten Versorgungsangebote sehr unterschiedlich ausgeprägt, sodass es in spezifischen Stadtteilen zu Unterversorgung kommt und Krisen wie die Corona-Pandemie oder der Klimawandel bringen darüber hinaus immer neue Fragen für die Gesundheitsversorgung mit sich.
Im Gesundheitspolitischen Kolloquium diskutieren wir zu diesen Herausforderungen, vor denen die Gesundheitsversorgung in Deutschland aktuell steht. Wir blicken dabei auf Prävention und Lösungsansätze wie Reformen, andere Versorgungsmodelle oder lokale Initiativen. In unseren Veranstaltungen diskutieren wir, wie Gesundheitspolitik gestaltet werden muss, um Gesundheitsversorgung zu garantieren und gerechter zu machen und Gesundheitsförderung zu ermöglichen. Dazu laden wir Expert:innen aus Wissenschaft und Praxis ein und richten uns mit unseren Veranstaltungen an alle Bremer Bürger:innen, die sich mit aktuellen Entwicklungen im Gesundheitswesen beschäftigen und mit uns und unseren Gästen in den Dialog treten möchten.
Unsere Veranstaltungen finden zu festen Terminen mittwochs von 18 – 20 Uhr im Haus der Wissenschaft statt, das zentral in der Bremer Innenstadt liegt. Die anschließenden Diskussionen werden von Prof. Heinz Rothgang und Prof.in Eva Quante-Brandt und Prof. Dr. Matthias Zündel moderiert. Eine Anmeldung ist nicht notwendig. Der Eintritt ist frei und die Veranstaltungen für alle Interessierten offen.
Programmübersicht Wintersemester 2024/25
30.10.2024, 18-20 Uhr
Das „Gesundes-Herz-Gesetz“ (GHG) – Worauf setzen wir in der Prävention?
Matti von Harten
AOK Bremen/Bremerhaven, Verantwortlicher Bereich Gesundheit
27.11.2024, 18-20 Uhr
Das MVP Bremen – Einbindung von nichtversicherten Personen in die gesundheitliche Versorgung
Holger Dieckmann
MVP e.V., Berater und Projektkoordinator
11.12.2024, 18-20 Uhr
Das neue Organspenderegister - Kann so die Spendenbereitschaft erhöht werden?
Sonja Schäfer
Gesundheit Nord - Klinikverbund Bremen, Aufklärung Organspende Bremen/Bremerhaven, Vorsitzende des Klinischen Ethikkomitees
08.01.2025, 18-20 Uhr
Young Carer – Was brauchen pflegende Kinder und Jugendliche?
Birgitt Pfeiffer
Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband Landesverband Bremen e.V., Vorständin
22.01.2025, 18-20 Uhr
Europe’s Beating Cancer Plan – Was ändert sich für die Versorgung?
Sten Beneke
Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), Leitung Büro Brüssel
GPK Terminübersicht (PDF)
GPK 12.06.2024
Gesundheitspolitisches Kolloquium zum Landespflegebericht Bremen 2023
Am 12. Juni fand das letzte gesundheitspolitische Kolloquium des Sommersemesters 2024 statt, das sich dem Landespflegebericht Bremen 2023 widmete. Dieses gesundheitspolitische Kolloquium widmete sich dem Thema "Stand und Entwicklung der pflegerischen Versorgung im Bundesland Bremen" und präsentierte zentrale Ergebnisse sowie Empfehlungen für die zukünftige Ausrichtung der Pflegeinfrastruktur.
Gemäß §4 Abs. 1 des Bremischen Ausführungsgesetzes zum Pflege-Versicherungsgesetz (BremAG-PflegeVG) ist das Land Bremen verpflichtet, eine Planung der pflegerischen Versorgungsstruktur aller ambulanten, teilstationären und stationären Pflegeeinrichtungen im Sinne des §71 SGB XI zu erstellen. Die Ziele des Projekts "Landespflegebericht Bremen 2023" sind die Bedarfsermittlung von Pflegeangeboten und der Abgleich mit der vorhandenen Versorgungsstruktur, um daraus Empfehlungen für einen Leitplan abzuleiten. In dieser Veranstaltung wurden die zentralen Ergebnisse und Empfehlungen des Berichts vorgestellt und diskutiert. Die Veranstaltung wurde von Prof. Dr. Heinz Rothgang und Benedikt Preuß moderiert.
Die Präsentation der Ergebnisse verdeutlichte mehrere demografische und strukturelle Entwicklungen im Land Bremen und Bremerhaven. Die Bevölkerung in den beiden Städten altert bis 2035 weniger stark als in Deutschland und den meisten anderen Bundesländern. Die absolute Zahl der Personen im Alter von 80+ und deren Anteil an der Gesamtbevölkerung sinkt, während die Anzahl der jungen Alten (67–79 Jahre) zunimmt, was für pflegeunterstützende Angebote und offene Altenhilfe relevant ist. Es kommt zu Verschiebungen der Altersverteilung in den Stadtteilen: jüngere Stadtteile altern zunehmend, während ältere Stadtteile sich verjüngen.
Der Anstieg der Pflegebedürftigen in den letzten Jahren um ca. 15.000 resultiert vor allem aus Zunahmen bei Pflegegeld, Kombinationsleistungen und Personen mit Pflegegrad 1. Bis 2030 wird nur ein moderater Anstieg von rund 1.000 Pflegebedürftigen im Land Bremen erwartet, wobei sich der Versorgungsgrad in Bezug auf die meisten Angebote verschlechtert hat.
Die Handlungsempfehlungen zielen darauf ab, diese Entwicklungen zu adressieren und die pflegerische Versorgung im Land Bremen zu verbessern.
Es haben sich drei Schwerpunkte der Handlungsempfehlungen herauskristallisiert:
1. Regelmäßiges Monitoring:
Ein regelmäßiges Monitoring, basierend auf dem Landespflegebericht 2023, soll im zweijährigen Turnus durchgeführt werden. Dazu gehört die stadtteilbezogene Ergänzung für Bremerhaven sowie die Vereinheitlichung der Datenzugänge und -haltung. Zusätzlich sollen weitere Angebote wie Servicewohnen und Hospize erfasst und Indikatoren für die Bedarfsgerechtigkeit der medizinischen Versorgung angewendet werden. Schwerpunktthemen sollen ebenfalls ergänzt werden, um eine umfassende und aktuelle Datenlage zu gewährleisten.
2. Strukturplanung auf Grundlage der Pflegeberichterstattung:
Die Strukturplanung betont den Grundsatz „ambulant vor stationär“ (§3 SGB XI) und priorisiert die Pflege im Quartier. Eine kleinräumige Planung ist essenziell, um den spezifischen Bedürfnissen der einzelnen Stadtteile gerecht zu werden. Diese Planung soll sicherstellen, dass die Versorgungsstrukturen den demografischen Veränderungen und den damit verbundenen Pflegebedarfen angepasst werden.
3. (Weiter)Entwicklung der Versorgungsinfrastruktur:
Maßnahmen zur Angleichung der Versorgungssituation auf den Stand von 2015 werden empfohlen. Dies umfasst die Angleichung der Versorgung auf Stadtteilebene, die (Rück)Gewinnung von Pflegekräften, die finanzielle Entlastung von Pflegeheimbewohner, die direkte Unterstützung der informellen Pflege, Angebote zur Steigerung der Mobilität und die Förderung von Gesundheits- und Versorgungszentren. Diese Maßnahmen sollen dazu beitragen, die Versorgungsinfrastruktur nachhaltig zu stärken und den zukünftigen Herausforderungen gewachsen zu sein.
Zu beachten ist, dass es an der Vernetzung der Institutionen mangelt und Inkonsistenzen zwischen den Daten aus Bremen und Bremerhaven bestehen. Zudem lag der Fokus der Prognose auf kleinräumigen Entwicklungen, die nur über rel. kurzen Zeitraum valide Daten geben und bei der Entwicklung werden lediglich die demografischen Effekte berücksichtigt, politische Veränderungen, die auf die Entwicklung der Pflegebedürftigen oder der Pflegenden abzielen, können nicht berücksichtigt werden.
Das Gesundheitspolitische Kolloquium war gut besucht und endete mit einer angeregten Diskussion. Der Austausch und die Vernetzung boten wertvolle Einblicke aus den unterschiedlichen Perspektiven von Wissenschaftlern, Fachkräften und interessierten Personen sowie aus Politik und Start-ups. Dieser lebhafte Dialog zeigte die Relevanz und Aktualität des Themas und verdeutlichte, wie wichtig der interdisziplinäre Austausch für die Weiterentwicklung der pflegerischen Versorgung ist.
Der IGB freut sich über den gelungenen Abschluss der Sommersemester-Kolloquium-Reihe und blickt voller Vorfreude auf das kommende Wintersemester, in dem weitere spannende Themen und Diskussionen zu erwarten sind.