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IGB unterwegs    08.05.2024

Istanbul Konvention

Fachtag „Die Umsetzung der Istanbul-Konvention in der pflegerischen Ausbildung sowie im pflegerischen Berufsalltag

Broschüre Gewalterfahrung (PDF)

In der generalistischen Pflegeausbildung im Land Bremen werden Inhalte der Istanbul-Konvention in naher Zukunft verbindlich umgesetzt. Um die Inhalte und Hintergründe dieses in Deutschland einzigartigen Vorhabens kennenzulernen, haben sich ca. 40 Vertreter:innen aus Pflegeschulen, Wissenschaft und Praxis aller Pflegesektoren am 8. Mai im Lichthof „Kwadrat“ auf dem vom IGB ausgerichteten Fachtag getroffen.   
Die Veranstaltung fand im Rahmen des Landesaktionsplans statt, der mit unterschiedlichen Vorhaben die Umsetzung der Istanbul-Konvention im Land Bremen beschreibt.
Die Istanbul-Konvention ist das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt. Bremen setzt ein klares Zeichen gegen Gewalt an Frauen und Mädchen!
Mit bereits 75 verschiedenen Maßnahmen wurden Projekte initiiert, die umfassenden Schutz, weitreichende Prävention und passgenaue Hilfen ermöglichen.
Im Land Bremen lag die Zahl der Vergewaltigungen und sexuellen Übergriffe im Jahr 2023 bei 146 Fällen, dazu sind über 2500 Fälle häuslicher Gewalt erfasst worden. Von Gewalt im partnerschaftlichem und familiären Umfeld sind zu 80 % Frauen betroffen. Fast ebenso hoch ist die Prozentzahl männlicher Täter. Bei dieser Zahl ist von geschlechtsbezogener Gewalt zu sprechen, die im Kontext patriarchaler Geschlechterdifferenzen verübt wird.
Die Zahlen bleiben seit Erfassung annähernd gleich und zeigen nur die registrierten Fälle. „Das ist nur die Spitze des Eisberges“ weiß Anne Faltmann von der Landeskoordinierungsstelle der Senatorin für Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz. Viele Gewalttaten werden in der Kriminalstatistik gar nicht erfasst. Viele Frauen zeigen die Gewalterlebnisse aus Scham, Abhängigkeit oder anderen Gründen nicht an.
Als Anlaufstation bietet Bremen auch diesen Frauen verschiedene Beratungs- und Unterstützungsmöglichkeiten. Ganz neu im Land Bremen ist die Gewaltschutzambulanz am Klinikum Mitte. Hier finden viele Frauen eine erste Anlaufstelle, in der sexualisierte und häusliche Gewalt aufgenommen und dokumentiert und als Beweis gesichert wird. Nicht immer folgt daraus eine Anzeige. „Andere Gewaltschutzambulanzen zeigen, dass die Frauen manchmal mehrfach kommen, bis irgendwann der Moment kommt, bei dem eine Grenze überschritten wurde und Anzeige erstattet wird. Dann liegen die dokumentierten Beweise vor“. So lautet die Erfahrung  von Ramona Rohlwing, Casemanagerin in der Gewaltschutzambulanz. Sie berichtet vom Konzept und von der Arbeit der ersten Wochen seit der Öffnung Anfang April. Schon jetzt haben mehr Frauen die Möglichkeit wahrgenommen, als ursprünglich vermutet.  
Ob mit oder ohne Anzeige von erlebter sexualisierter Gewalt kommen Beschäftigte in Gesundheitsberufen häufig als erste in Kontakt mit gewaltbetroffenen Personen. Sie spielen eine bedeutende Rolle in der Wahrnehmung von Gewalt, als Ansprechpartner:innen für Unterstützungen sowie als Vermittler:innen an die unterschiedlichen Beratungs- und Unterstützungseinrichtungen.

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Die Sensibilisierung der Pflegeberufe soll im Land Bremen schon in der Ausbildung beginnen und wird nun in ein Lernfeld in der generalistische Pflegeausbildung integriert. Das Curriculum wurde hierzu von Daniela Reinhardt, stellvertretende Schulleitung am Bremer Zentrum für Pflegebildung vorgestellt, die an der Entwicklung maßgeblich beteiligt war.

Anhand von exemplarischen Fallsituationen werden verschiedene Aspekte des beruflichen Handelns reflektiert und erprobt. Dazu gehört unter anderem die Auseinandersetzung mit dem Gewaltbegriff, die Gestaltung von Gesprächssituationen mit Betroffenen wie auch die Vermittlung geeigneter Hilfe- und Unterstützungssysteme.
Für die im Beruf tätigen Pflegenden und anderen Berufsgruppen im Gesundheitsbereich wurden Handlungsempfehlungen und hilfreiche Tipps in einer Broschüre „Gewalterfahrungen benennen und erkennen“ zusammengestellt. Der bedeutende Beitrag der Beschäftigten in den Gesundheitsberufen zur Umsetzung der Ziele in der Istanbul-Konvention und soll möglichst ausgebaut und über die Maßnahmen dieser Veranstaltung und Broschüre hinaus unterstützt werden, so Anne Faltmann.
Das sehen auch die Teilnehmenden so: „Es müssen mehr solcher Veranstaltungen durchgeführt werden“, „Mir ist erst jetzt bewusstgeworden, wie wichtig das Thema ist“ sind nur einige der Stimmen, die das Thema im Aus- und Fortbildungsbereich verstärkt behandelt wissen möchten.
Viele Teilnehmer nahmen zahlreiche Eindrücke mit sich, doch die "Schwere des Themas" sexualisierter und häuslicher Gewalt wurde vorerst nur in den Veranstaltungsräumen diskutiert, aufgeschrieben und symbolisch beiseitegelegt.

 

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