IGB unterwegs 17.07.2023
Bremer Gesundheitskiosk
IGB unterwegs im Gesundheitspolitischen Kolloquium zum Thema Gesundheitskiosk
Ist ein flächendeckender Aufbau von sogenannten Gesundheitskiosken der Schlüssel in der Gesundheitsversorgung? Welche Vorteile hat das, wo liegen die Probleme? Das Gesundheitspolitische Kolloquium des SOCIUM der Universität Bremen befasste sich bei der letzten Veranstaltung vor der Sommerpause mit diesem Thema. Gast war im Haus der Wissenschaft Axel Fischer von Gesundheit für Billstedt/Horn UG. Fischer ist Geschäftsführer des Trägers der Hamburger Gesundheitskioske.
Moderiert wurde die Veranstaltung von Prof. Dr. Eva Quante-Brandt. Sie sagt: „In Bremen haben wir das Netzwerk LIGA in Verbindung mit Institutionen angebunden im ÖGD, aber uns fehlt noch der Kiosk.“
Dabei ist das Thema aktueller denn je. In einem aktuellen Referentenentwurf für ein Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz aus dem Haus von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach steht, dass langfristig bundesweit pro 80 000 Einwohnerinnen und Einwohner ein Kiosk aufgebaut werden soll. Insgesamt sind es dann 1000 Stück. Hauptaufgabe der Kioske ist es, den Zugang zur Versorgung der Patientinnen und Patienten mit besonderem Unterstützungsbedarf zu verbessern und sie zu koordinieren. Initiiert werden sollen die Anlaufstellen von den Kommunen, finanziert mehrheitlich von den gesetzlichen und privaten Krankenversicherungen. Ein wichtiges Merkmal ist, dass das Angebot möglichst niederschwellig sein soll. Denn das Angebot richtet sich gerade an Menschen aus sozialschwachen Strukturen, die sonst kein Angebot finden oder sich nicht trauen zum Arzt zu gehen.
Bei der zweistündigen Veranstaltung stellte Fischer das Hamburger Modell mit allen Stärken und Schwächen vor: „Eine niedrige soziale Struktur bedeutet oft eine hohe Krankheitslast. Es ist lobenswert, dass wir diese Diskussion jetzt auf bundespolitischer Ebene führen.“
Zu den Aufgaben eines Gesundheitskiosks gehören unter anderem die Vor- und Nachbereitung von Arztgesprächen, die Vermittlung von ärztlichen- und Community Ressourcen, die Lotsung und das Case Management von chronisch Erkrankten sowie das Durchführen von Veranstaltungen zu Gesundheitsthemen. Dabei ist eine enge Zusammenarbeit mit den Ärzten sinnvoll und wichtig.
Fischer: „Die Hälfte der Patientinnen und Patienten werden von den Ärzten zu uns geschickt, deshalb muss man diese auch eng einbinden, 30 Prozent kommen aus Eigeninitiativen und 20 Prozent durch die Vermittlung von sozialen Einrichtungen. Für uns ist es wichtig, dass wir nicht so eng getaktet sind, wie es in einer Arztpraxis der Fall ist. Ganz im Gegenteil, die Mitarbeiter sind angehalten eine Kultur des Kümmerns mitzubringen.“ Medizinische Themen, wie die richtige Wundversorgung oder aber auch die korrekte Einnahme von Arzneimitteln bilden bei den monatlich rund 500 Patientinnen und Patienten momentan Schwerpunkte in der Beratung.
Damit es auch eine Schnittstelle zwischen dem Gesundheitskiosk und den Krankenhäusern gibt, wurden sogenannte Versorgungskoordinator:innen eingestellt, die bei beiden Einrichtungen tätig sind und als ein direkter Ansprechpartner für die Patientinnen und Patienten fungieren.
Doch es gibt nicht nur positives zu berichten. Schwierig gestalten sich momentan noch die Abrechnungen mit den Krankenkassen. Mehrere Verteilungsschlüssel gibt es mittlerweile. Und das verschlingt viel Geld. Fischer: „Der personelle Aufwand ist aufgrund der Selektivverträge relativ groß.“
Eine große Chance können die Gesundheitskioske auch für Absolventinnen und Absolventen als Arbeitgeber sein. Fischer: „Was mit den Patienten passiert ist in der autonomen Verantwortung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Deshalb muss die Qualität hoch sein. Besonders den akademischen Absolventinnen und Absolventen können Gesundheitskioske einen attraktiven Job bieten.“ An der Hochschule Bremen gibt es bereits die Möglichkeit Internationale Pflege mit einem Bachelor-Abschluss zu studieren, an der Universität Bremen wird der Studiengang Pflegewissenschaft ebenfalls als Bachelor- sowie „Community und Family Health Nursing“ als Masterstudiengang angeboten.
Das Gesundheitspolitisches Kolloquium wird im Wintersemester fortgesetzt.